Hier finden Sie einen Auszug von "Der Lama muss weg" von Hendrik Hortz, aus Ursache\Wirkung №. 129: „Kraftquellen".
Dem spirituellen Leiter eines buddhistischen Zentrums wurde sexueller Missbrauch einer Frau vorgeworfen. Die Strafanzeige geht ins Leere. Eine Rückschau auf das Geschehen und die Frage, ob mit den Vorwürfen richtig umgegangen worden ist.
Ende Oktober 2021, gegen 17:00 Uhr. Die Mitglieder des Buddhistischen Meditations- und Studienzentrum TTC in Hamburg erhalten eine E-Mail mit dem Betreff „TTC Newsletter“. Absenderin ist Rosi Findeisen, die Hauptsponsorin des Zentrums. Ihr gehört unter anderem die Immobilie, in der das Zentrum residiert. Zunächst erschließt sich dem Leser nicht, was die Nachricht der E-Mail sein soll. Frau Findeisen schildert in aller Ausführlichkeit die Freundschaft zwischen ihr und ihrem verstorbenen Mann mit dem spirituellen Leiter des Zentrums: Acharya Lama Dawa.
Lama Dawa soll eine Frau sexuell missbraucht haben.
Rosi Findeisen rühmt Lama Dawas Offenheit, Wärme und Bescheidenheit, spricht von seiner hervorragenden Ausbildung. Sie lobt die Unterstützung, die sie vom Lama während einer lebensbedrohlichen Erkrankung erfuhr. „[Er] war (…) immer wieder da für mich und die ganze Familie, wenn wir schwierige Zeiten durchmachen mussten.“ Fast 4.000 Wörter Lobrede ohne eine Atempause, ohne einen einzigen Absatz. Der Leser ist bereits deutlich ermattet und will die E-Mail beiseitelegen, als ganz am Ende dann doch noch die entscheidenden Sätze fallen:
„Nach 11 Jahren Aufenthalt in Deutschland (…), ist Lama Dawa schließlich zu einem entscheidenden Entschluss gekommen. Er hat festgestellt, dass ohne die unterstützende Nähe der Klostergemeinschaft und der buddhistisch geprägten kulturellen Umgebung das Aufrechterhalten seiner Mönchsgelübde im westlichen Alltag sehr schwierig ist. Aus diesem Grund hat Lama Dawa seine Mönchsgelübde (…) zurückgegeben.“ Aber sonst würde sich nichts ändern. Er werde im Zentrum weiterhin als „Residentlama“ tätig sein. Rosi Findeisen bittet dazu um Unterstützung der Empfänger der E-Mail.
Den ganzen Artikel finden Sie hier:
Dieser Artikel erschien in der Ursache\Wirkung №. 129: „Kraftquellen"
„Als ich das las, dachte ich, ‚Oh, der Lama hat sich wohl verliebt‘“, so eine regelmäßige Besucherin des Zentrums. Tatsächlich aber war Lama Dawa mit einem Missbrauchsvorwurf konfrontiert. Doch davon steht in der Mail nichts. Das sickert erst später durch. Lama Dawa soll eine Frau sexuell missbraucht haben. Die Betroffene heißt in diesem Artikel Anna. Anna ist nicht ihr richtiger Name, den hat die U\W-Redaktion zu ihrem Schutz geändert. Lama Dawa bestreitet die Vorwürfe. Es habe sich um eine monatelange, einvernehmliche Beziehung gehandelt.
In einem weiteren Newsletter des TTC, etwa einen Monat später, lesen die Mitglieder des Zentrums: „Ihr habt mittlerweile sicher alle davon erfahren, dass Lama Dawa seine Mönchsgelübde zurückgegeben und die Roben abgelegt hat, da er vor einigen Jahren eine sexuelle Beziehung mit einem (gleichaltrigen) Sanghamitglied eingegangen war. (…) Die Betroffene hat schwere Vorwürfe gegen ihn erhoben – spricht von ‚sexueller Nötigung‘ und davon ‚als Frau erniedrigt, gedemütigt und manipuliert‘ worden zu sein.“
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